Zweieinhalb Jahr ist es her, da mussten die anlässlich des 75. Jahrestags des Kriegsendes von langer Hand und mit viel Herzblut geplanten Konzertabende „Fragile – Lieder von Krieg und Frieden“ ganz plötzlich abgesagt werden: Zu gefährlich war mit einem Mal das Singen in Gemeinschaft geworden, man wollte und durfte nicht riskieren, von der Bühne aus ein noch unbekanntes Virus ins Publikum zu verteilen und umgekehrt. Was folgten, waren viele Monate, in denen der Wert der Gesundheit wohl allen bewusster denn je wurde, in denen fast alles angesichts der Corona-Pandemie in den Hintergrund trat. Fast alles – denn nicht nur inzwischen 77 Jahre nach Ende des zweiten Weltkriegs, sondern auch ein halbes Jahr nach Beginn eines neuen Krieges in Europa ist das Programm, dass Jean-Claude Séférian für 2020 geplant hatte, aktueller denn je: „Fragile – Lieder von Krieg und Frieden“ heißt 2022 das nun wiederaufgenommene und aktualisierte Programm der Chanson AG, das am Freitag Premiere in der Aula des Pascal-Gymnasiums feierte.
Und die Stimmen der Sänger*innen waren alles andere als fragil: Mit der kraftvoll unisono vorgetragenen Zeile „No more fighting“ erhob der Chor „die Stimme des Weisen“ im Lied „La voix de sages“ von Yannick Noah. Es folgten Johnny Cleggs Anti-Apartheits-Hymne „Asimbonanga“, das hoffnungsvolle von den Jüngsten der Chanson AG angestimmte „On écrit sur les murs” (Kids United) und das von Malin Beucker und Lioba Dransfeld stimmungsvoll vorgetragene „Tänk dig“ des schwedisch-kurdischen Sängers Dalin. Auch „Bella, ciao!“, das Lied der italienischen Partisanen, durfte nicht fehlen. Solist Jon Engel sang inbrünstig das Lied „1944“, mit dem die ukrainische Sängerin Jamala 2016 die Geschichte ihrer Großeltern erzählt und den Eurovision Song Contest gewonnen hatte. Danach gehörte die Bühne wieder den jüngeren Chormitgliedern: Aaron Kedir-Chouinard und Fionn Mullen übernahmen die Soloparts in Michel Bergers „Chanter pour ceux“, danach positionierte sich der Chor mit Elton Johns „I’m Still Standing“. Für einen Gänsehautmoment sorgte Brandon Ngasson mit seiner wunderschönen Interpretation von „Puisque tu pars“, mit „Il changeait la vie“ (beide Titel von Jean-Jacques Goldmann) endete der erste Teil des Konzerts.
In der zweiten Konzerthälfte bekam die Chanson AG, traditionell bestehend aus Mitgliedern der Musikschule Nienberge und Pascaler*innen, Verstärkung: Für „Non non rien n’a changé“ von Les Poppys kamen Schüler des Pascal-Gymnasiums auf die Bühne. Es folgte das titelgebende „Fragile” von Sting und „Fragile Planète”, eine Komposition von Jean-Claude Séférian, das Jana Weber stimmungsvoll interpretierte. Den ersten deutschsprachigen Beitrag des Abends trug Solist Henning Steiner mit „Wir ziehen in den Frieden“ von Udo Lindenberg vor. Lara Ostrop begeisterte das Publikum mit dem Titel “Si“ (Zaz / Jean-Jacques Goldman) ebenso wie Denise Schwarzmaier und Brandon Ngasson, die Pascal Obispos „L‘envie d’aimer“ berührend zu interpretieren wussten. Auch Antonia Heuser sorgte mit ihrer Version von „You Raise Me Up“ (Josh Groban) für einen besonderen Musikgenuss.
Jean-Claude Séférian trug kraftvoll Adamos “Inch’Allah” vor. Als fulminanten Abschluss des Konzertabends sang die Chanson AG „One Day“ von Matisjahu. Das Publikum honorierte es mit stehenden Ovationen. Auch Schulleiter Ralf Brameier dankte Jean-Claude Séférian, der Chanson AG und den Musikern, dem Streicherensemble unter der Leitung von Jürgen Tiedemann sowie der Band: „Nach dreieinhalb Jahren Pause war es mir eine besondere Freude, heute diese wunderbare Musik in unserer Aula zu hören. Das Programm ist aktueller denn je.“ Weitere Konzerte fanden am 3. und 4. September statt.