Mit dem ersten Halbjahr des Schuljahres 2021/2022 geht auch die Dienstzeit unserer Oberstufenkoordinatorin Marlies Blaß-Terheyden zu Ende, die sich am 31. Januar in den Ruhestand verabschiedet.
Für eine Verabredung zum Abschiedsinterview mit Marlies Blaß-Terheyden ist es der ideale Ort: Der Raum 123, das Büro der Oberstufenkoordination am Pascal-Gymnasium. Aus diesem Raum heraus hat sie seit zehn Jahren zusammen mit ihrem Team die Laufbahnen von Oberstufenschüler*innen von der EF bis zum Abitur begleitet.
Auf dem Tisch, über den sonst Anmeldeformulare, Wahlzettel, Beratungsbögen und Abiturklausuren gehen, liegen nun drei Gegenstände, die jede*r Lehrer*in, die am Pascal-Gymnasium in den Ruhestand verabschiedet wird, zum Abschiedsinterview mitbringt. Die Auswahl von Marlies Blaß-Terheyden, ihres Zeichens Deutsch-, Literatur- und Kunstlehrerin, überrascht nicht: Einen Gedichtband von Hilde Domin, eine Auswahl an von Schüler*innenhand gestalteten Theaterplakaten und einen Schlüsselbund hat sie mitgebracht. Was hat es damit auf sich?
Doch werfen wir zunächst einen Blick in die Annalen: Marlies Blaß-Terheyden wurde 1955 in Düsseldorf geboren – „Aber meine Lieblingsstadt ist Köln!“, betont sie mit einem Augenzwinkern. Nach dem Abitur 1974 zog es sie zum Studium der Germanistik, Sozialwissenschaft und Textilgestaltung nach Münster, Tübingen und Berlin, das Referendariat leistete sie in ihrer Lieblingsstadt ab, wo sie 1982 ihre erste Vertretungsstelle antrat. Es folgten vier Jahre als Ausländerbeauftragte der Stadt Werl, anschließend war sie mehrere Jahre als Honorarkraft und selbständige Künstlerin tätig. Im Jahr 2000 wurde sie als Lehrerin an der Hauptschule Coerde angestellt, schließlich kam sie 2006 ans Pascal-Gymnasium.
Dort sitzt Marlies Blaß-Terheyden heute im Oberstufenbüro und erklärt die Auswahl ihrer mitgebrachten Gegenstände. Der Gedichtband Hilde Domins mit dem Titel „Hier“ erklärt sich leicht: „Es ist mir wichtig, ‚hier‘ zu sein, hier meine Aufgabe als Deutschlehrerin erfüllt zu haben. Sprache ist meine Leidenschaft. Es war mir stets ein Anliegen, den Schüler*innen zu vermitteln, welche Bedeutung Sprache für den Ausdruck von Individualität hat und wie sehr Sprache hilft, liebevoll, bewusst, ausdrucksstark und gestaltend miteinander umzugehen. Die politische Dimension von Sprache und die Vielfalt und Mehrdimensionalität gerade von literarischen Werken haben mich schon immer beeindruckt. Schüler*innen dies zu vermitteln, sehe ich als Aufklärungsarbeit an.“ Dass Marlies Blaß-Terheyden dies mit Leidenschaft lebt, merkt man in jeder Silbe. Darauf angesprochen lacht sie: „Ja, mein Herz schlägt für Literatur und Sprache!“
Sich selbst ausdrücken zu können – das hat Marlies Blaß-Terheyden auch auf den Theaterbühnen der Schule den Kindern und Jugendlichen vermittelt. Zahlreiche liebevoll von Schüler*innenhand selbstgestaltete Theaterplakate zeugen davon. Eine Auswahl hängt nun hinter ihr am Whiteboard in Raum 123. „Die Arbeit in den Theaterbausteinen der Erprobungsstufe und in den Literaturkursen der Oberstufe ist eine besondere Freude. Der Prozess, mit Kindern und Jugendlichen ein Theaterstück erst zu entwerfen und dann gemeinschaftlich auf die Bühne zu bringen, ist großartig: In kaum einem anderen Fach haben sie so sehr die Möglichkeit, sich aus Gegebenem zu lösen, eine völlig neue Sicht auf die Dinge zu werfen und ganz andere Seiten an sich zu entdecken und anderen kreativ zu präsentieren. Schüler*innen haben mehr als Fachwissen! Selbst wenn es natürlich auch im Fach Literatur gewisse curriculare Vorgaben gibt: Auf der Bühne kann man viel freier und ‚außerhalb‘ von schulischen Strukturen arbeiten“, so die eingefleischte Theaterliebhaberin. „Gerne habe ich auch hier mit Kolleg*innen zusammengearbeitet und ‚Co-Produktionen‘ betreut.“ Und auch wenn sie – die bunten Theaterplakate stehen auch für ihr geliebtes drittes Fach – ebenfalls im Fach Kunst das freie und kreative Arbeiten mit den Schüler*innen sehr geschätzt hat, ist sie sich sicher: „In keinem Kurs habe ich so viel mit Schüler*innen gelacht wie in den Literaturkursen…“
Humor ist für die gebürtige Rheinländerin ohnehin der Schlüssel zum Alltagsglück, aber das allein ist nicht der Grund, warum ihre Wahl für einen dritten symbolischen Gegenstand auf einen Schlüsselbund gefallen ist. „Dieser Schlüsselbund hat mich einerseits in den letzten Jahren begleitet, aber ist auch ein wunderbares Symbol: Schlüssel öffnen Türen, ermöglichen den Zugang zu Bereichen, die sonst verschlossen sind – das ist altbekannt, aber in der Schule besonders zutreffend. Zu jeder Tür respektive jedem Menschen muss man den passenden Schlüssel, den individuellen Zugang finden. Und hat man den gefunden, kann man Schlüsselqualifikationen vermitteln und neu vernetzen. Heute heißen diese ja ‚Soft Skills‘, aber da geht mir das Bild des Schlüssels verloren! Wir alle brauchen doch mehr als Fachkompetenz! Mit Herz und Verstand können wir miteinander in der Schule Schlüsselkompetenzen wie Respekt, Toleranz, Kommunikations-, Team- und Kritikfähigkeit entwickeln Das habe ich versucht zu vermitteln, und diese Herausforderung war für mich immer besonders reizvoll.“ Dass dies der scheidenden Oberstufenkoordinatorin gelungen ist, davon zeugen zahlreiche erfolgreich durchlaufene Schullaufbahnen, die dank ihres Engagements, ihrer Kompetenz und ihres Improvisationstalentes in schier ausweglos scheinenden Situationen ein glückliches Ende genommen haben. „Jetzt kann ich dieses schöne Kapitel ‚Schule‘ mit meinem eigenen Schlüssel abschließen und schauen, welche Türen sich mir nun öffnen“, ergänzt sie lächelnd.
Und es sind spannende Türen, die nun darauf warten, von Marlies Blaß-Terheyden geöffnet zu werden: „Sobald die Corona-Lage es zulässt, möchte ich in den Oman fahren, die Wüste erleben und die Gerüche des Landes aufnehmen. Es ist schön, nun dafür Zeit zu haben – und natürlich für meine Familie und die wunderbaren Enkel! Ich freue mich auch darauf, mich wieder mehr meiner Textilkunst widmen zu können, eventuell ein neues Projekt anzustoßen und darin aktiv zu werden, denn den ganzen Tag zu Hause zu sitzen, kann ich mir nicht vorstellen. Langweilig wird mir also bestimmt nicht!“ Davon sind wir angesichts der Energie, die sie mit jeder Faser ausstrahlt, überzeugt. Auch wenn wir unsere Oberstufenkoordinatorin, Lehrerin, Kollegin und Freundin ungern verabschieden: Die kommende Zeit bietet ihr gewiss viele neue Abenteuer auf den verschiedenen Bühnen ihres Lebens.
Wir bedanken uns für 16 Jahre „Spitzenperformance“, verbeugen uns tief vor unserer „Chefimprovisatrice“, spenden kräftig und warm Applaus und wünschen Marlies Blaß-Terheyden für den nächsten Akt von Herzen alles Gute und beste Gesundheit – „Toitoitoi!“